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Angst steht dir gut


Was sollte sie dem Kind antworten? Emma räusperte sich, um Zeit zu gewinnen. »Frau Delfino ist deine Tante?«

»Wissen Sie, viele Menschen sind sehr skeptisch hierhergekommen und als Bekehrte wieder weggegangen«, antwortete das Mädchen statt dessen und heftete ihre schokobraunen Augen auf Emma. Sie hatte eine weiche Singsangstimme. »Oft rufen Klienten nach einiger Zeit an und sagen dann Sachen wie 'Sie hatten recht, Belén' oder 'Es ist alles so gekommen, wie Sie es vorausgesagt haben.' Tante Belén ist immer glücklich, wenn sich positive Vorhersagen bewahrheiten und todtraurig, wenn schlimme Dinge passieren, die sie zwar gesehen, aber dem Kunden nicht gesagt hat. Das ist immer das Schlimmste für sie. Es macht sie jedes Mal total fertig. Ich heiße übrigens Stefania. Und Sie?«

»Ich bin Emma.« Sie sieht schlimme Dinge und sagt es nicht ... Emma war so mit dieser Aussage beschäftigt, dass sie beinahe nicht mitbekam, wie Miriam aus dem Arbeitszimmer des Mediums herauskam und ihr vom Flur aus ein ungeduldiges Zeichen machte. Eilig erhob sie sich und verabschiedete sich mit einem freundlichen Lächeln von Stefania, deren nachdenklicher Blick immer noch auf ihr ruhte.

»Ich bedanke mich ganz herzlich. Ach übrigens, meine Schwester möchte sich demnächst auch einen Termin geben lassen«, sagte Miriam zu Belén Delfino.

»Kein Problem, sie kann Ihren ursprünglichen Termin wahrnehmen, wenn sie möchte«, erwiderte die Wahrsagerin und schütt elte Miriams Hand. »Und Sie, meine Liebe?«, wandte sie sich an Emma. »Ich hoffe, meine Nichte war Ihnen nicht lästig. Stefania gibt sich gern ein bisschen altklug gegenüber Fremden.«

»O nein, wir haben uns gut unterhalten. Sie scheint sehr interessiert zu sein an Ihrer Tätigkeit, nicht wahr? Wird sie mal in Ihre Fußstapfen treten?«